Vom Strauch in die Flasche: Johannisbeeren für ViO Schorle

Seit 90 Jahren produziert Coca‑Cola Getränke in Deutschland. Die Zutaten dafür kaufen wir oft in der Region. Besuch auf einem Johannisbeerfeld in Baden-Württemberg

08/08/2019

IHR DUFT ist überwältigend. Fruchtig. Holzig. Dunkel. Süß. Alles zugleich. Manche sagen sogar, dieser Geruch vermittele das Gefühl von Geborgenheit. Vielleicht liegt es daran, dass er Kindheitserinnerungen weckt. An den Strauch im Garten oder an selbstgekochte Marmelade. Doch das ist jetzt alles weit weg. Wir befinden uns in 3,50 Meter Höhe und unter uns läuft die Maschine mit voller Leistung. Gerade sind wir in die nächste Reihe auf dem Feld eingebogen.

Hardthausen am Kocher. Nördliches Baden-Württemberg, in der Nähe von Heilbronn. Eines der bekanntesten Weinbaugebiete Deutschlands. Sanfte Hügel, Wiesen, Obstbäume. So idyllisch, dass ein Blick auch Nordlichtern klar macht, warum das Land hier einfach „Ländle“ heißt. Mittendrin: die Felder von Sabine und Wolfgang Gebert. Hier wachsen die schwarzen Johannisbeeren für die ViO Schorle.

Sabine Geberts Familie baut bereits in der dritten Generation Johannisbeeren an. „Die Landwirtschaft hier ist von je her kleinteilig strukturiert. Jeder hat seinen Flecken,“ sagt sie. Der Boden, der kräftige Weine gedeihen lässt: er eignet sich auch perfekt für Johannisbeeren. Sabine Gebert ist Weinbautechnikerin, Wolfgang Gebert Obst- und Gartenbautechniker. Dann ist da noch Klaus Keinert, er ist Industriemechaniker und hat selbst auch Felder, die sie gemeinsam bewirtschaften.

Zum Hof der Geberts gehören natürlich auch ein paar Hektar Wein, Trollinger, Lemberger, Riesling, Sauvignon Blanc und Cabernet, und außerdem ein „Besen“, Kurzform für „Besenwirtschaft“, so heißt der saisonale Weinausschank mit einfachen Speisen, am Straßenrand meist angezeigt mit einem aufgehängten Reisigbesen. Ihren Wein verkaufen die Geberts direkt. Ebenso den Johannisbeerlikör und Obstbrände aus eigener Herstellung.

Sabine Gebert erinnert sich, wie ihre Großmutter Anfang der Siebziger Jahre damit begann, Johannisbeeren anzubauen: „Damals saß die ganze Familie in der Julihitze auf Hockern um die Sträucher herum und pflückte von Hand.“

Später stellten sie Wannen unter die Büsche, es gab Schlegel, mit denen die Zweige vorsichtig gerüttelt wurden. Die empfindlichen Früchte maschinell zu ernten schien lange Zeit unmöglich. Dann kam Klaus Keinert auf die Idee, eine Erntemaschine umzubauen, die normalerweise für die Weinlese verwendet wird. Diese Maschine fährt wie ein Tunnel über die Rebenreihen, an den Innenwänden befinden sich Stäbe aus Glasfaser, die die Beeren von den Rispen schütteln.

Für die niedrigeren Johannisbeersträucher waren ein paar Änderungen nötig, zum Beispiel die langen Kufen vorn an der Maschine: Sie heben die unteren Zweige der Johannisbeersträucher sanft an und führen sie an die Rüttelstäbe. Über ein ausgeklügeltes Förderwerk werden Äste und Blätter aussortiert – überwacht per Kamera vorn im Cockpit.

Der Duft der Schwarzen Johannisbeere lässt uns an sorglose Sommertage denken. Vielleicht auch deshalb ist er so beliebt in der Parfumherstellung. Doch die heißen Sommer bedeuten für viele Landwirte mittlerweile ziemliche Strapazen. Nicht nur der Mensch, auch Maschine und Beere mögen es eigentlich etwas gemäßigter. Die Pflanzen gelten zwar als robust und anspruchslos, bis zu 20 Jahre alt kann ein Strauch werden. Allerdings bevorzugen sie einen kühlen Boden, denn ihre Wurzeln sind flach, sie können nicht in tieferen Schichten nach Wasser suchen. Und die geernteten Früchte müssen schnell aus der Sonne. In der Hitze könnten sie zu gären beginnen. Deshalb sind die Geberts dazu übergegangen, nachts zu ernten.

Abends um 21:00 Uhr klettert Klaus Keinert auf die Erntemaschine und zieht seine Bahnen über das Feld. Bei Sonnenaufgang ist Feierabend. „Wenn du morgens reingreifst, sind die Beeren kalt“, sagt Keinert. Die Kisten werden umgehend auf den Hof gebracht und direkt in einen Kühl-Anhänger verladen. Noch am gleichen Vormittag kommen sie in der Safterei an.

Keine 12 Stunden nach der Ernte sind die Johannisbeeren aus Hardthausen zu frischem Direktsaft gepresst. Der wird bei 1° Celsius eingelagert und steht auf Abruf bereit für die weitere Reise nach Lüneburg, wo die ViO Schorlen abgefüllt werden. Alle Säfte für die drei Direktsaftschorlen werden aus heimischem Obst hergestellt, von kleinen bis mittelgroßen Produzenten aus Deutschland.

Die Schwarze Johannisbeere ist ein echter C-Promi. Vitamin C, versteht sich. Sie strotzt außerdem vor Mineralien und Antioxidantien. So wurde die kleine Power-Kugel in den letzten Jahren als heimisches Superfood wiederentdeckt. Sie spielt locker in einer Liga mit Açai- oder Goji-Beeren, nur muss sie nicht um die halbe Welt reisen, um zu uns zu kommen.

Kein Wunder, dass auch die Bienen sie mögen. Zur Blütezeit stellen Imker aus der Region ihre Völker an den Feldrand. „Natürlich wird die Johannisbeere auch über den Wind bestäubt,“ sagt Wolfgang Gebert. „Aber auch die Bienen leisten ihren Beitrag.“ Allein in Hardthausen produzieren vier Familien Honig. Die Johannisbeere ist eine beliebte Trachtpflanze. Das bedeutet: Ihre Blüten enthalten viel Nektar und Pollen.

Aber sie duftet nicht nur, sie schmeckt auch überwältigend.