Barbara Körner, Geschäftsführerin Coca-Cola Deutschland, im Interview mit den Zwillingen André und Marcel Fricke

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Barrierefreiheit und Inklusion im Sport

„Unser Leitsatz lautet: Fußball verbindet!“

André und Marcel Fricke haben jedes deutsche Stadion von innen gesehen, egal wie groß oder klein. Als DFB Groundhopper reisen sie quer durch Deutschland, um Fußball in möglichst vielen Stadien zu erleben und schaffen dabei bis zu drei Spiele am Tag! Die Zwillinge sitzen im Rollstuhl, deshalb wissen sie, wie inklusiv der deutsche Sport tatsächlich ist. Frage ist: auf welche Barrieren stoßen sie immer noch häufig? Beim Coca‑Cola Real Talk hat Barbara Körner, Geschäftsführerin Coca‑Cola Deutschland und verantwortlich für die Fußball-Partnerschaften des Unternehmens, mit ihnen darüber gesprochen.

Barbara Körner: Als Groundhopper legt ihr im Jahr rund 50.000 Kilometer zurück. Erklärt doch mal, wie wird man denn vom gewöhnlichen Fußballfan zum leidenschaftlichen Groundhopper?

Marcel Fricke: Angefangen haben wir als große HSV-Fans – und die sind wir immer noch. Aber irgendwann wollten wir mehr Spiele sehen, mehr Stadionerlebnisse sammeln. Doch ein Verein allein kann eben nur begrenzt Spiele spielen. Deshalb sind wir zu Groundhoppern geworden: Vom Erst- bis zum Zweitligisten, wir interessieren uns auch für die Matches von vielen anderen Vereinen und natürlich von der Nationalmannschaft.

Und als „Stadionhüpfer“ habt ihr es schon geschafft, bis zu drei Spiele an einem Tag zu sehen. Wie organisiert ihr das? Wie funktioniert das Prinzip „Groundhopping“?

André Fricke: Wie gesagt, als Mitglieder schlägt unser Herz für den HSV – und der unterstützt unsere Passion. Die Inklusionsbeauftragte des Vereins ermöglicht uns viel und hilft beispielsweise bei der Organisation unserer Reisen von A nach B. Wir suchen vorher raus, wo wir hinfahren wollen, und nehmen dann per Mail Kontakt mit dem jeweiligen Verein vor Ort auf. Wir versuchen, eine:n konkrete:n Ansprechpartner:in auszumachen, um möglichst viel vorab über den „Ground“ zu erfahren. Der Reiz ist zum einen, alle Stadien Deutschlands zu sehen, zum anderen immer wieder neue Menschen kennenzulernen. Wir erleben den Sport als unglaublich verbindend, denn wir knüpfen jedes Mal neue Kontakte und Freundschaften.

Barbara Körner: Jetzt seid ihr ja nicht nur beim HSV, sondern auch mit der deutschen Nationalmannschaft eng verbunden, die ihr bei vielen Spielen begleitet. Was fällt euch bei euren Touren auf mit Blick auf die Inklusion und Barrierefreiheit – was klärt ihr immer im Vorfeld und wofür sollte man sich noch besser einsetzen?

André Fricke: Für uns ist es am praktischsten, wenn wir mit dem Auto anreisen. Wir haben ein relativ großes Auto, in dem wir beide in unseren Rollstühlen angeschnallt werden können. Deshalb ist es sehr wichtig für uns zu wissen, wo wir mit diesem großen Auto parken können. Können wir einfach ans Stadion ranfahren oder gibt es dort Absperrungen? Brauchen wir einen Parkschein und wo bekommen wir den? Wir reisen aber auch oft mit der Bahn an und da müssen wir bei der Reiseorganisation noch genauer hinschauen: Ist die sogenannte Mobilitätshilfe, die einen aus dem Zug holt, wirklich um die jeweilige Uhrzeit noch vor Ort? Denn die ist leider nicht in allen deutschen Bahnhöfen 24 Stunden anwesend.

Marcel Fricke: Wenn diese Hilfe nicht gegeben ist, haben wir das bestenfalls im Vorfeld herausgefunden – und dann ist die Bahn keine Reiseoption für uns und wir müssen das Auto nehmen.

Barbara Körner: Und wenn ihr das Auto nehmt, dann hilft euch eure Familie – bei euch ist das ein richtiges Teamwork, ihr seid „Team Fricke“, richtig?

Marcel Fricke: Genau, bei uns sind zwar keine elf Menschen auf dem Platz, aber definitiv viele wichtige Mitglieder unserer Familie. Zum Beispiel unsere Mutter, die uns auch heute begleitet und die uns stets viel ermöglicht.

Barbara Körner: Ich kann mir vorstellen, dass Team Fricke viele außergewöhnliche Situationen miteinander erlebt. Welches Erlebnis besonders gelungener Inklusion ist euch in Erinnerung geblieben?

André Fricke: Mir fällt da eine Situation in Kaiserslautern ein. Wir waren als Familie unterwegs und haben den Betzenberg und seine Steigung einfach unterschätzt. Am Ende haben uns Kaiserslautern-Fans zusammen mit unseren Eltern den Berg hoch zum Stadion geschoben – das war einfach die beste, gelebte Inklusion! Oben angekommen haben wir uns zum Abschied ein schönes Spiel gewünscht. Und am Ende hat Kaiserslautern 2:0 gewonnen! Das sind so schöne Erlebnisse und Geschichten von Inklusion, die nur der Sport schafft. Denn es geht nicht um ein Inklusionsprojekt, das finanziert werden muss, sondern es reicht, wenn Menschen da sind, die sich gegenseitig helfen und Dinge ermöglichen.

Marcel Fricke: Deswegen ist unser Leitsatz: Fußball verbindet. Und das ist keine leere Phrase. Nehmen wir zum Beispiel unser Gespräch gerade in diesem Moment: Wir lernen uns kennen und tauschen uns zu wirklich wichtigen Themen wie der Inklusion und Barrierefreiheit im Sport aus.

Barbara Körner: Wie sieht es denn da aus eurer Erfahrung als Groundhopper aus: Wie gut sind deutsche Stadien ausgestattet, wie barrierefrei sind sie? Und welches Wissen würdet ihr gerne mit Menschen teilen, die wie ihr auf den Rollstuhl angewiesen sind?

André Fricke: Beginnen wir mit dem, was ich gerne grundsätzlich sagen möchte: Wenn neue Stadien gebaut werden, lasst doch bitte einmal einen Rollstuhlfahrer durchfahren, denn dann klärt sich ganz schnell: ist es auch für ihn praktikabel? Lasst auch unbedingt einen Blinden durchlaufen, um herauszufinden, ob ihm das hilft, was sich ausgedacht wurde. Um nicht im Nachhinein feststellen zu müssen: „ah, das ist doch ein bisschen eng für einen Rollstuhl.“

Und Menschen wie uns, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, möchte ich mitgeben: Traut euch rauszugehen und es auszuprobieren. Fragt aktiv nach, wie können wir das schaffen? Es gibt so viele tolle Leute, die einem helfen. Wir sind auch viel mit dem DFB unterwegs und haben viel Hilfe erfahren. An dieser Stelle möchte ich zum Beispiel vielen Dank an Thomas Vorberger, dem DFB Fanclub-Betreuer, sagen: Thomas ist jemand, der im Hintergrund ganz viel arbeitet und bewegt – und uns schon einige Parkscheine besorgt hat. Also: Sprecht die Leute an, sagt, was ihr wollt und braucht – denn dann kann euch geholfen werden!

Marcel Fricke: Ja, das ist auch für mich eine Kernbotschaft: Sobald ein Thema angesprochen und in die Öffentlichkeit gebracht wird, können wir es zum Positiven verändern. Deswegen ist es wirklich schön, dass sich Coca‑Cola dem Thema Inklusion widmet und ihm damit zu mehr Aufmerksamkeit verhilft. 

André Fricke: Und das Thema Sport eignet sich dafür ganz besonders: Ich denke, dass durch die EURO 2024 das so wichtige Gemeinschaftsgefühl entstehen kann und Raum für Gespräche geschaffen wird, um dem Thema die nötige Öffentlichkeit zu geben. Auf diese Weise können wir zeigen: Inklusion kann Spaß machen – und zwar allen.

Barbara Körner: Das denke ich auch! Und ich möchte mich ganz herzlich bei Euch bedanken, denn dank Euch habe ich viel lernen dürfen. Eine wichtige Erkenntnis: Wir machen durchaus Fehler, weil wir uns oft nur schwer in die Lage von Menschen mit Behinderung hineinversetzen können. Deshalb: Lasst uns jemanden an die Hand nehmen, ihm zuhören und versuchen, den wirklichen Bedarf bestmöglich umsetzen! Vielen Dank für das inspirierende Gespräch — und für euer Engagement. Das ist echte Fankultur, das macht Spaß und deswegen wünsche ich uns eine schöne gemeinsame EURO 2024!