30 Jahre Mauerfall: Wie Coca‑Cola einfach rüberflog

04/11/2019

WAHRSCHEINLICH HAT ES schon mit Billy Wilder begonnen. Seine legendäre Komödie „Eins, zwei, drei“ verbindet Berlin und Coca‑Cola für immer. Gedreht wird sie in der Berliner Coca‑Cola Abfüllung in Lichterfelde. Und ist es nicht Wilder, der schon vor dem Bau der Mauer die Idee formuliert, Coca‑Cola auch im Osten zu verkaufen? Jedenfalls bringt er den Deutschen bei, endlich wieder über sich selbst zu lachen. Und spätestens jetzt, am 11. November 1989, ist endlich Zeit dafür. Und für Coca‑Cola.

Millionen Bilder gehen um die Welt, als die Mauer fällt. Dieses nicht. Es zeigt zwei Männer, die ein rotes Paket über die Mauer werfen. Ein kleiner Wurf für die beiden, und ein großer für Coca‑Cola.

Paul-Gerhard Ritter hat sich mit einem Mitarbeiter an der Glienicker Brücke postiert, jenem Ort, an dem während des Kalten Krieges Agenten und Gefangene ausgetauscht wurden. Jetzt ist der Kalte Krieg so gut wie vorbei, es ist Tag zwei einer neuen Zeitrechnung. Das hat Ritter, der Geschäftsführer der Coca‑Cola Konzession in Berlin-Lichterfelde, sofort begriffen.

Schon tags zuvor, wenige Stunden, nachdem die Mauer geöffnet wurde, lässt er LKW an den Kudamm rollen, zu den Massen, die in die City-West strömen. KaDeWe, Europacenter, Gedächtniskirche. In zwei Stunden sind drei Wagen leer.

Jetzt ist Ritter an die Glienicker Brücke gekommen, um den Besuchern seiner Heimatstadt persönlich eine Coke zu servieren. Als der DDR-Wachposten auf der anderen Seite das mitbekommt, ruft er: „Hey, wirf mir auch mal was rüber!“ Ritter weiß genau, was er tut. Er kommt aus dem Osten, die ersten acht Jahre ging er in der DDR zur Schule. Aber 1959, noch vor dem Mauerbau, machte seine Familie von Strausberg rüber nach West-Berlin. Ritter ist einer, der nicht lange fragt. Er macht. Allein in der ersten Woche trinken zwei Millionen Menschen eine Coke auf die Freiheit.

Es ist die Zeit der schnellen, mutigen Entscheidungen. Die Zeit des improvisierten Büros am Tresen der Hotelbar und die Zeit des Lagers auf einem Bauernhof. Wegen der löchrigen Telefonverbindungen schickt man wieder Telegramme.


Billy Wilders Idee sollte wahr werden. Bereits im Januar 1990 kann man Coke Produkte für DDR-Mark kaufen. Zwei Monate später wird die Coca‑Cola Erfrischungsgetränke GmbH als eigenständiges Unternehmen für das Geschäft im Osten Deutschlands gegründet. In vielen Städten sagen die Leute: „Da sind Sie ja endlich! Wir haben 28 Jahre auf Sie gewartet.“ Die Euphorie, der Optimismus, die Begeisterung leuchtet dem Coke Pionier von damals noch immer aus den Augen.

Mauerfall 1989: Es ist die Zeit der schnellen, mutigen Entscheidungen


Coca‑Cola startet ein Ausbildungsprogramm, um ein neues Management im Osten aufzubauen. Alle Mitarbeiter werden übernommen, viele sind heute noch Teil der „Coke Familie“. Es gilt nicht nur der Grundsatz: „Hier produziert, hier getrunken.“ Sondern auch: Wir sind Teil der Gesellschaft. Rund 1,6 Milliarden Mark hat Coca‑Cola in den Aufbau dieses Marktes investiert. Heute betreibt Coca‑Cola Europacific Partners Deutschland Standorte und Abfüllanlagen in ganz Deutschland.

Seit März 2013 laufen in der Stralauer Allee, dort, wo früher die Mauer stand, alle Fäden für das deutschlandweite Coca‑Cola Geschäft zusammen. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen Menschen aus 24 Nationen, investiert als Ausbildungsbetrieb in junge Talente, unterstützt regionale Nachhaltigkeitsprojekte und begeistert Musik- und Fußballfans auf der größten Fanmeile Deutschlands.